Der HIV - Schnelltest - Interview mit Carsten Bock

Warum der HIV - Schnelltest nur für schwule Männer?
Wie bei anderen Betroffenengruppen auch (etwa Migranten, Prostituierte,  Heterosexuelle) möchten sich auch sehr viele schwule Männer und schwule Jungs "auf gleicher Augenhöhe" mit dem Berater über ihre Sexualität und deren spezifischen Risiken unterhalten. Das Verständnis und das Wissen über ihre Sexualität ist Vorraussetzung um "barrierefrei" Fragen zu beantworten, die den Hilfesuchenden bewegen. Nicht alle schwulen Männer wollen sich mit Frauen über Sexpraktiken wie Ficken, Fisten, Bondage oder Natursekt direkt unterhalten. 

Ist dieses Angebot nur für Potsdamer?
Nein. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade auch Hilfesuchende aus dem Umland oder von weither kommen. Ob aus der Uckermark, Sachsen - Anhalt oder dem Havelland. Tatsächlich ist es für die Betroffenen leichter, den Test in einer Großstadt zu machen als in einem bekannten und kleinstädtischen Umfeld. Die Betroffenen fahren lieber weitere Wege. Mit unserem Testangebot gehen wir insbesondere auf schwule Männer zu. Da unsere Berater selbst schwul sind, ist die Hemmschwelle für die Ratsuchenden über ihre Sexualität offen zu reden sehr niedrig.
Wieviel Wochen sollte ich warten mit dem Test, um ein sicheres Ergebnis zu erhalten?
Bis vor einiger Zeit ging man von einer Zeit von 12 Wochen Inkubationszeit aus. Das heißt 12 Wochen nach dem fraglichen Geschlechtsverkehr warten, um ein sicheres Testergebnis zu erhalten. Neueste Studien gehen inzwischen von 8 Wochen aus. Wir machen bei der Beratung auf die unterschiedlichen Interpretationen aufmerksam.
Welche Erfahrungen hat Katte e.V. mit dem Schnelltest?
Wir bieten den Test seit etwa zwei Jahren an. Unsere Berater haben die entsprechenden notwendigen Zertifikate der Deutschen AIDS - Hilfe (DAH), um fachgerecht die Beratung durchzuführen. Wir beraten bei einem positiven Testergebnis die weiteren notwendigen Schritte mit dem Klienten zusammen. Immer mehr stehen auch soziale Fragen im Vordergrund. Der Umgang mit den Ämtern, dem Arbeitgeber, den Eltern, dem Freund sind die herausdrängensten Probleme.
Wie läuft so ein Schnelltest ab?
Mit Interessenten, die einen HIV-Antikörpertest machen möchten, wird zuerst ein Vorgespräch durchgeführt. Dabei geht es im wesentlichen um die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, sich mit HIV angesteckt zu haben. Weiterhin spielt die Klärung möglicher Übertragungswege und die Einschätzung des Risikoverhaltens des Betroffenen eine Rolle. Es wird vor dem Test aufgeklärt über die möglichen Folgen einer HIV-Ansteckung hinsichtlich Sexualität, Beziehung, des persönlichen Umfelds oder auch eigener Bewältigungsmöglichkeiten einer solchen Situation. Nach dem Test gibt es eine Beratung je nach dem wie das Ergebnis ausgefallen ist. Das  ganze dauert insgesamt ca. 45 Minuten.
Welche Fragen tauchen bei einem positiven Testergebnis auf?
Wo mache ich am besten den Bestätigungstest? Wie gehe ich zukünftig mit meinen Sexpartnern um? Welche HIV - Schwerpunktpraxis passt zu mir? (Hier gibt es große Unterschiede).Wann fange ich mit der Therapie an?
Kostet der HIV - Schnelltest etwas?
Zur Zeit kostet der Test 10 Euro. Wenn der Betroffene "bedürftig" ist, werden wir Wege finden unbürokratisch zu helfen. Ab Herbst haben wir die Möglichkeit den Test kostenlos anzubieten. Wir verhandeln zur Zeit mit der Stadt Potsdam.
Wo bekomme ich kostenlose Kondome?
Hier lohnt sich ein Blick auf das Portal www.love-sex-safe.de! unter dem Punkt "Orte in Brandenburg" finden Sie Gesundheitsämter, Bars oder institutionelle Einrichtungen die kostenlos Kondome verteilen.
In einer Zeitung aus Potsdam wurde der Vorwurf an den Verein laut, man würde mit den Anstieg der Zahlen der HIV - Neudiagnosen in Potsdam in diesem Jahr Panikmache betreiben. Man bezweifelte sogar diesen Anstieg.
Hier gibt es eine Unterschiedliche Interpretation der Zahlen. Die Zeitung beruft sich hier auf das Robert - Koch - Institut, die die jährlichen Infektionszahlen in allen relevanten Bereichen bundesweit erfassen. Unter anderem auch die Zahlen zu HIV und AIDS. Das Problem an diesen Zahlen ist das Wohnortprinzip. Jede Neuinfektion wird dem Hauptwohnsitz des Betroffenen zugeordnet. Das bedeutet das Studenten, Männer und Jungs aus dem Umland, Firmenmitarbeiter die auf Zeit in einer anderen Stadt leben, nicht am Ort des Geschehens, also dort wo sie lernen, arbeiten, feiern und Sex haben, erfasst werden, sondern in der bayrischen oder niedersächsischen Heimat an der sie alle Jubeljahre ihre Familie besuchen. Zu bedenken ist auch das "social networks" wie Studi.vz oder gayromeo für eine hohe Mobilität sorgen.
Dass heisst der Anstieg der HIV - Neudiagnosen ist real?
Ja, wir hatten in den ersten zwei Monaten in Potsdam über das Gesundheitsamt, das Klinikum Ernst von Bergmann und den Schnelltests bei Katte e.V. neun Neudiagnosen zu verzeichnen. Soviel wie sonst im ganzen Jahr.

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