Ausstellung "Homosexuelle Männer im KZ Ravensbrück" verlängert bis 14. Oktober 23
Eröffnungszeiten
17.06. - 14.10.2023
Di-So, 10-18 Uhr
ehemalige Textilfabrik, Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
Die meisten Menschen verbinden das KZ Ravensbrück mit dem Frauenlager und mit dem Jugendkonzentrationslager Uckermark. Dass es dort zwischen 1941 und 1945 auch ein Männerlager mit mehr als 20.000 Gefangenen gab, ist zwar bekannt, jedoch wenig im Fokus. Hier waren über 200 als homosexuell registrierte Gefangene, die nach verbüßter Strafe in „Vorbeugungshaft“ bzw. „Schutzhaft“ inhaftiert blieben. Viele von ihnen überlebten das KZ-System nicht.
Im Mai 2022 erschien die Broschüre „Homosexuelle Männer im Lagerkomplex Ravensbrück“, herausgegeben von Helmuth Hanle. Sie widmet sich den Schicksalen von 13 homosexuellen Männern, ihren Lebensläufen und ihrer Verfolgung. Helmuth Hanle hat das Erscheinen der Publikation nicht mehr erlebt, er starb im März 2022. Sein wichtiges Anliegen war es, dass der Broschüre eine Ausstellung in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück folgt.
Verwirklicht hat das Projekt nun Helmuth Hanles Lebensgefährte Prof. Piotr Nathan gemeinsam mit Katharina Jesdinsky, der Leiterin der Druckwerkstatt der Muthesius Kunsthochschule Kiel. Als Basis dienten Hanles Publikation, eine von ihm hinterlassene zeichnerische Ideenskizze sowie viele von ihm vor seinem Tode geäußerte Gedanken. An dem Projekt sind Studierende und ehemalige Studierende von Prof. Piotr Nathans Klasse „Zeichnung und Druckgrafik“ der Muthesius Kunsthochschule beteiligt. Im Zentrum der Ausstellung steht die Visualisierung der Broschüre “Homosexuelle Männer im Lagerkomplex Ravensbrück“ in Form einer Stellwandausstellung. Acht Tafeln mit den Biografien von Ernst Abel, Emil Drillich, Gustav Herzberg, Roman Igler, Hans-Joachim Kubel, Horst Schmidt, Otto Schorer und Gallus Stark versuchen, einige der mehr als 200 als homosexuell verfolgten Häftlinge in Ravensbrück aus dem Vergessen herauszulösen und ihnen ein Gesicht zu geben.
Weitere Tafeln informieren über die Geschichte des Männerlagers Ravensbrück und die Verfolgung Homosexueller im Nationalsozialismus und der Zeit nach dem Krieg. Die künstlerische Auseinandersetzung der Studierenden beschäftigt sich stellvertretend für die vielen anderen als homosexuell registrierten Verfolgten und Opfer mit dem Leben Gustav Herzbergs, der 1942 im KZ Ravensbrück umkam. Gustav Herzberg stand selbstbewusst zu seiner sexuellen Orientierung - dem Engagement seiner Großnichte Xenia Trost ist es zu verdanken, dass umfangreiches Text- und Bildmaterial aus dem Familienbesitz zu seiner Person vorliegt. Sie war diejenige, die dem wahren Grund der Inhaftierung ihres Großonkels auf die Spur kam und sich vielschichtig und intensiv mit seiner Person auseinandersetzte und sich für die Verlegung eines Stolpersteines für Gustav einsetzte.
Während eines einwöchigen Aufenthalts der Studierenden in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück im März 2023 entstanden großformatige Holzschnitte, inspiriert von persönlichem Foto- und Schriftmaterial aus dem Nachlass Gustav Herzbergs. Diese sind Teil der Ausstellung, zusätzlich Ideen und Entwürfe dazu sowie weitere Arbeiten, die während des Aufenthaltes entstanden sind. Im Außenbereich, basierend auf einer Skizze von Helmuth Hanle, wird ab Herbst 2023 eine künstlerisch-architektonische Holzinstallation den homosexuellen Opfern in Ravensbrück gedenken. Diese Installation erinnert an die Opfer und soll diese Erinnerung wachhalten – gleichzeitig steht sie für den Wunsch nach gesellschaftlichem Zusammenhalt, der ohne Akzeptanz nicht gelingt. Mit den verschiedenen Teilen des Ausstellungsprojektes soll ein Beitrag geleistet werden, die Erinnerung an das Männerlager auf historischer, biografischer und künstlerischer Ebene ins Bewusstsein der Besucher*innen zu rücken.
Beteiligte Studierende und Ehemalige: Christian An, Natia Benashvili, Lili Bodendieck, Lina Both, Rosan, Catteuw, Ute Diez, Jurek Eger, Max Flachsenberg, Florian Grebert, Anastazja Hurska, Klara-Luise Kamphuis, Zoe Konrad, Katharina Krüger, Lisa Nowroth, Amelie Pechtold, Rebecca Poppken, Anders Prey, Elkin Salamanca Alarcon, Mia Fee Schabbach, Lea Schöning, Jakob Teran Bockhardt, David Wassermann, Alexandra Wolf, Tian Wu, Zeyang Xu