30 Jahe Queer Arbeit
Hallo Jirka, was tust Du für die queere Community?
Ich habe zwei Jobs. Zum Einen koordiniere ich für Queeres Brandenburg verschiedene LGBT-Projekte. Zum Anderen berate ich mit meinen Kolleg:innen zusammen in den Bereichen Safer Sex, Coming Out, Trans*und Opferberatung. Wir helfen den Menschen da, wo sie Hilfe brauchen.
Seit 1995 bist du in diesem Bereich tätig. Wie kommt man auf die Idee, Queerarbeit zu leisten?
Die Liebe. Ich habe 1993 einen jungen Mann kennengelernt, zu dem ich gleich in der ersten Nacht gezogen bin. Der war beim Verein Tabulos e. V. engagiert. Das fand ich interessant und habe mich entschieden: "Ja, ich will mich auch engagieren". Mein erstes Projekt war eine Zeitung, die 'Die tabulose Rundschau'. Damals gab es ja noch nicht dieses Internet.
Der Verein Tabulos war deine erste Station, dann kam Katte , jetzt Queeres Brandenburg?
Das war ja noch nicht alles an Vereinen. Ich habe u. a. mit vielen anderen aus dem Land Branden-burg zusammen den Verein AndersArtiG gegründet. Das war 1996. Es gab das Bedürfnis, sich landesweit zu vernetzen und gemeinsam im Sinne von LGBT`s zu wirken. Zur Zeit der Gründung haben sich viele Vereine in Brandenburg, auch im ganzen Osten, aufgelöst. Um dem etwas entgegenzusetzen und in der Beratung besser tätig zu werden, gab es dann 2003 die Gründung von Katte. Der Verein berät jährlich ca. 1.200 Klient:innen.
Die HIV - Beratung ist ein wichtiges Angebot?
Der Verein berät und testet ca. 250 - 300 Personen jährlich auf HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten.
Sollten auch junge Menschen eine HIV-Beratung aufsuchen?
Unbedingt! Am Besten vor dem ersten Sex, denn uns ist aufgefallen, dass Menschen vor allem zur Beratung kommen, wenn sie bereits ein Risiko oder ein vermeintliches Risiko hatten. Sie haben Ängste und Sorgen, die durch schnelles Googlen noch verstärkt werden.
Wir können durch eine gute Beratung Ängste nehmen und hilfreiche Tipps geben, die man in der Schule nicht hört. Wir klären lieber vorher auf.
Kannst du mir ein paar Projekte nennen, die Katte momentan durchführt?
Aktuell haben wir Aufklärungskampagnen, wie HASS BRINGT DIR NIX! eine quietschbunte Anti-diskriminierungskampagne. Unser Sticker-Alarm findet man auf vielen CSD´s in Brandenburg. Wir betreiben auch eine Dokumentationsstelle zum §175 und zur Geschichte von LGBT-Vereinen hier im Land. Wir organisieren den CSD Potsdam.
Kann man sich bei euch engagieren?
Zum Beispiel: Pakete mit Stickern und Materialien versandfertig machen, Ordner:in beim CSD Potsdam sein, uns zu anderen CSD´s begleiten. Man kann man bei uns ein Praktikum machen.
Was macht dir an der Arbeit am meisten Spaß?
Da erinnere ich mich an einen Klienten aus der Anfangszeit. Es war ein fünfzehnjähriger junger Mann. Er durch Alkohol und Drogen 'hacke dicht', weil er mit seiner Identität und seinen Eltern nicht klar kam. Er hat dann bei uns den Bundesfreiwilligendienst und später ein Einstiegs-qualifizierungsjahr absolviert, dabei noch die 10. Klasse in der Abendschule und später Abitur nachgeholt. Eine Ausbildung hat er ebenso geschafft. Heute arbeitet er in einem sehr großen Unter-nehmen, und hat eine leitende Position. Dann sind das so total beglückende Momente, wo ich weiß: Dafür hat sich dieser Aufwand, diese persönlichen Ressourcen, die man da verbraucht, echt gelohnt.
Was würdest du jungen Menschen mit auf den Weg geben wollen?
Seid revolutionär, versteckt euch nicht. Lasst euch von Leuten nichts sagen, die sich euch zurechtbiegen wollen. Solche Leute haben ihr Leben lang schlechte Laune.
Der Artikel wurde in der Broschüre QUEERnow 2023 veröffentlich. Das Pojekt wurde mit Mitteln der Landeshauptstadt Potsdam gefördert. Die Broschüre ist bei www.queeres-brandenburg.info bestellbar.